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Monday, April 16, 2012

Chronisch gesund geht. Aber nicht mit unserem Gesundheitssystem.


So versagt unser Gesundheitswesen

Das Faszinierende an unserem Gesundheitssystem ist, dass es 8 von 10 Deutschen an chronischen Krankheiten leiden und sterben lässt, obwohl wir genau wissen, wie wir diese Krankheiten verhüten können. Also warum tun wir's nicht?
Als Gesundheitswissenschaftler arbeite ich seit 15 Jahren an der Beantwortung dieser Frage. Viele meiner Kollegen warnen mit immer dunkler werdenden Zukunftsvisionen vor einem Tsunami aus Behandlungs- und Pflegekosten für unsere zunehmend älter, kränker und dementer werdende Bevölkerung. 
Dabei könnten wir das Zeitalter der chronischen Gesundheit bereits jetzt einläuten. Ein Zeitalter in dem  Herzinfarkt, Schlaganfall und viele Krebsarten ihre Bedeutung in der Sterbestatistik verloren haben werden. So wie die ansteckenden Krankheiten nach der Einführung der Hygiene.  Aber so, wie wir Prävention bislang machen, funktioniert sie nicht. Die Entscheidungsträger unseres Gesundheitssystems kämen zum gleichen Schluss, wären sie nicht mit einer selektiven Blindheit gegenüber unbequemen Fakten geschlagen.

Das Versagen der Prävention

Die Akteure unseres Gesundheitswesens verweisen gerne auf große staatlich finanzierte Studien, wie das US amerikanische Diabetes Prevention Program und die Look AHEAD Studie, die zeigen, wie wirksam simple Lebensstiländerungen für die Prävention der chronischen Erkrankungen sind. Worüber sie nicht gerne reden ist, wie flüchtig diese Erfolge sind. Für die meisten Teilnehmer sind anfängliche Gewichtsverluste spätestens nach 3 bis 4 Jahren wieder "aufgezehrt", und Risikofaktoren sind wieder auf dem Stand vor Studieneintritt.
Wie kann man behaupten Prävention funktioniert, wenn das Übergewicht zum Rauchen des 21. Jahrhunderts geworden ist? Wenn für jeden US Bürger, der 2011 das Rauchen aufgegeben hat, ein anderer adipös (BMI > 30) wurde? Wenn zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte es mehr übergewichtige als unterernährte Menschen auf dieser Welt gibt? Deren Lebensstil aus zu viel Essen und zu wenig Bewegung ist der größte Risikofaktor für die vermeidbaren kardiometabolen Erkrankungen und ihre klinischen Endpunkte: Diabetes, Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzversagen.
Wenn also die Änderung des Gesundheitsverhaltens Krankheit verhindert, was verhindert dann die Änderung des Gesundheitsverhaltens? 

Der Aberglaube an ein willensgesteuertes Gesundheitsverhalten.

Wir alle wissen, dass Übergewicht und Bewegungsarmut ungesund sind. Trotzdem sind zwei von drei Deutschen übergewichtig und weniger als jeder fünfte bewegt sich ausreichend. Die logische Schlussfolgerung: Wenn Sie einen Lebensstil wählen, von dem Sie wissen, dass er Ihnen Krankheit und vorzeitigen Tod bringt, dann treffen Sie diese Wahl entweder mit Ihrem freien Willen, oder es ist nicht Ihr freier Wille, der Ihr Gesundheitsverhalten treibt.
Offensichtlich ist letzteres der Fall. Wie sonst können wir erklären, dass übergewichtige Kinder ihr Ess- und Bewegungsverhalten beibehalten, obwohl sie ihren Leidensdruck aus Übergewicht und Stigmatisierung als genauso schwer empfinden wie  ihre krebskranken Altersgenossen den einer Chemotherapie. Wie sonst können wir erklären, dass adipöse Erwachsene nicht abspecken, obwohl ihre Aussichten eine akademische Ausbildung, einen Job und einen Geschlechtspartner zu finden deutlich schlechter sind, als die ihrer normalgewichtigen Altersgenossen? Wie sonst können wir erklären, dass der Prozentsatz der Adipösen unter den US Bürgern in den letzten 20 Jahren um 60% gestiegen ist, während sie im gleichen Zeitraum ihre Ausgaben für Abnehmprodukte auf jährlich 60 Milliarden Dollar verdoppelt haben? Sie alle WOLLEN abnehmen, aber sie schaffen es nicht. Aus drei Gründen. 
Über die Sucht aufs Essen, über entgleiste Hormone und über hyperbolische Verzinsung in unseren Hirnen geht's in meinem nächsten Blogbeitrag. Und bis dahin, schauen Sie sich doch mal an, wie Sie bereits jetzt auf den Weg zur chronischen Gesundheit und guten Figur kommen.
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