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Thursday, July 19, 2018
Fake Science. Wissenschaft auf Abwegen? Oder Journalismus auf Abwegen?
Mit sogenannten Recherchen und Reportagen über pseudowissenschaftliche Studien und scheinwissenschaftliche Verlage ziehen schadenfreudige Journalisten heute den deutschen Wissenschaftsbetrieb in ein schlechtes Licht.
Zu Recht oder zu Unrecht?
Ich behaupte, zu Unrecht, aber ich bin voreingenommen.
Als Wissenschaftler sollte man das zwar nicht sein.
Aber Unvoreingenommenheit fällt schwer, wenn Zeitungsschreiber und Fernsehschwätzer ein altes, längst bekanntes und gut kontrolliertes Phänomen sensationalisieren, um damit einen ganzen Berufsstand dem Generalverdacht der Unglaubwürdigkeit auszusetzen.
Hätten sie nur mal nach dem Stichwort "predatory publishing" oder "predatory journals" gegoogelt, hätten sie sich schon vor 8 Jahren mit dem Phänomen der "Raubverlage" vertraut machen können.
Sogar auf Wikipedia. Aber Enthüllungsjournalismus ist eben cooler als Wikipedia zitieren. Und Englisch ist halt auch nicht Jedermann's Ding. Sonst wären sie nämlich schon 2010 auf der Jeffrey Beall's Webseite gelandet, der in akribischer Kleinarbeit seine Liste der Raubverlage und ihrer "Fachzeitschriften" bis heute aktuell hält.
Kein Wissenschaftler, der seine Forschungsarbeit und seine akademische Karriere ernst nimmt, veröffentlicht in solchen Verlagen.
Ich kenne in meinem Kollegenkreis niemanden, der diese Raubverlage nicht meidet, wie der Teufel das Weihwasser.
Weder eine Publikation noch eine Rolle als Editor in einem dieser Verlage würden wir auch nur einen Moment lang erwägen.
Ich weiss, dass ich hier für die deutliche Mehrheit meiner naturwissenschaftlichen Kollegen spreche.
Ich weiss aber auch, warum dieses Phänomen der Raubverlage entstand, und warum sie gedeihen wie das Unkraut im Garten.
Nicht zuletzt tragen die wissenschaftlichen Verlage selbst zum Florieren ihrer räuberischen Kollegen bei.
Was dem Medienkonsumenten nämlich verschwiegen wird, ist das Geschäftsmodell der Wissenschaftsverlage, das man entweder als genial oder als ausbeuterisch bezeichnen kann. Oder als beides.
Anschaulich wird das im Vergleich mit einem "normalen" Zeitungsverlag. Der muss seine Autoren beschäftigen (und bezahlen). Der beschäftigt auch die Editoren, die die Autorenarbeiten querlesen und korrigieren. Der Zeitungsverlag muss sich auch um den Verkauf seiner Zeitungen kümmern.
Beim Wissenschaftsverlag läuft das alles ganz anders.
Die Autoren muss der nicht bezahlen, denn das sind ja die Wissenschaftler, die die Artikel schreiben.
Seine Editoren muss er auch nicht bezahlen, denn das sind wiederum Wissenschaftler, die die Arbeiten ihrer Kollegen querlesen und kommentieren.
Freiwillig und unbezahlt natürlich. Peer review nennt sich dieser Prozess, den jede wissenschaftliche Arbeit durchlaufen muss.
Wie viele Wochenenden verbringen wir mit freiwilliger und unbezahlter Peer Review, zu der wir von den Verlagen natürlich "eingeladen" werden, weil die uns mit der Wertschätzung unserer Kompetenz bauchpinseln.
Und weil wir natürlich auch was zurückgeben wollen an den Wissenschaftsbetrieb, dessen Mitglieder unsere Arbeiten querlesen und kommentieren.
Bis dahin also hat der Wissenschaftsverlag null Ausgaben.
Und hier beginnt das wirklich Geniale:
die Forschungsarbeiten, die Gegenstand der Manuskripte der Autoren sind, werden mehrheitlich von öffentlichen Forschungsgeldern finanziert.
Forschungsgelder, die von Einrichtungen des Bundes oder der Länder kommen, jener Einrichtungen, die auch die Hochschulen finanzieren, deren Bibliotheken die Abonnements der Fachzeitschriften bezahlen müssen.
Mit anderen Worten, diejenigen die die Forschungsarbeiten bezahlen, müssen dann auch noch dafür bezahlen die Arbeiten lesen zu dürfen.
Kein Wunder also, dass das Geschäftsmodell "wissenschaftlicher Fachverlag" noch bessere Gewinnspannen hat als Google.
Und wir Wissenschaftler machen die ganze Arbeit.
Dass die Verlage keinen Mangel an willigen Autoren haben ist dem akademischen Karrierebetrieb zu verdanken.
Publish or perish ist dessen Motto, was soviel heißt wie "wenn du keine veröffentlichten Manuskripte vorweisen kannst, wird's auch nix mit der Karriere in Akademia".
Selbst bei Fachzeitschriften mit relativ niedrigem Impact Factor schafft es nur ein Bruchteil der eingereichten Manuskripte vom Tisch des Redakteurs durch das Peer Review und in die Veröffentlichung.
Deshalb müssen wir für unsere Manuskripte häufig bei mehreren Verlegern anklopfen, natürlich nie zur gleichen Zeit, denn das verbitten die sich und sanktionieren es auch heftig, sollte man es trotzdem tun.
Dennoch ist für die allermeisten wissenschaftlichen Kollegen die Veröffentlichung in Raubverlagen keine Option.
Alleine schon aus Stolz.
Keiner von uns will auf eine Veröffentlichung in einem Verlag verweisen, den alle Kollegen sofort als Raubverlag erkennen.
Nur die Journalisten kennen sich da natürlich nicht so aus, was aber eher für Journalismus auf Abwegen spricht als für Wissenschaft auf Abwegen.
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